Modul 1 - Vokale und ie/ei/eu/au
Einleitung
Im Deutschen stehen fünfzehn gesprochene Vokale fünf Schriftzeichen gegenüber. Um diesen Mangel an Zeichen zu kompensieren und die Schrift gut lesbar zu gestalten, gibt es neben den Rechtschreibegeln eine Kodierung, welche die Aussprache des Vokals anzeigt. Der Schlüssel dazu ist die Silbe und die Position des Vokals darin.
In der offenen Silbe (auf der rechten Seite ist kein Konsonant) wird er lang und/oder mit gespannter Lippen- und Artikulationsmuskulatur ausgesprochen und ist daher nicht nur durch seinen Klang, sondern auch durch die Mundstellung sehr gut wahrnehmbar (Bo den, Kra gen, Stru del…)
In der geschlossenen Silbe begrenzt am rechten Rand ein Konsonant den Vokal und verändert seine Aussprache, er wird „zentral“ - also in der Mitte des Mundraums - gebildet. Die Muskelspannung im Gesicht ist schwach, und so sind ungespannte Vokale in geschlossenen Silben auch schwer von den Lippen ablesbar.
In der Schrift des Deutschen werden alle Vokale - ob in offener oder geschlossener Silbe - immer mit den gleichen Buchstaben dargestellt. Die einzige Ausnahme ist das /i/. Es wird als langer, gespannter Vokal in der offenen, betonten Silbe regelhaft mit <ie> geschrieben. Auch die Zwielaute <au>, <ei> und <eu> sind in der offenen Silbe. Für sie gelten in der deutschen Sprache besondere Regelungen.
Ziele
Durch das Training sollen die Kinder viele Erfahrungen in der Wahrnehmung und der Artikulation von Vokalen in offener Silbe des Trochäus machen. Sie sollen ihre Beobachtungen bewusst erleben und auch beschreiben können.
Mit Hilfe von Beispielwörtern erkennen die Kinder die Regelhaftigkeit der <i / ie> Schreibung in der betonten Silbe und lernen einige Ausnahmen.
Die Kinder untersuchen trochäische Wörter mit Zwielauten (Diphthongen) au, ei, eu und entdecken, dass nach diesen Vokalen der Konsonant der Reduktionssilbe ausfallen darf.
Sie wissen, wie man die besprochenen Trochäen (mit Zwielauten) in die Häuschenvorlagen schreibt.
Material
Tafel, Whiteboard
Kreide/Stifte
Magnete
Material für die Kinder
Handspiegel
Schülerhefte
Buntstifte (blau,rot,grün)
Klebstoff
Arbeitsblätter Lehrer
M1.1 Wortliste Trochäen offene und geschlossene Silbe
📥 M1.1 Vokale - Wortliste Trochäen offene und geschlossene Silbe.pdf
M1.2 Wortkarten Trochäen offene und geschlossene Silbe
📥 M1.2 Vokale - Wortkarten Trochäen offene und geschlossene Silbe.pdf
M1.3 Infoblatt i-Schreibung
M1.4 Wortkarten -ie Wörter
M1.5 Wortkarten i-Wörter Ausnahmen
M1.6 Wortkarten - Diphthonge
M1.7 Lösung Arbeitsblatt Diphthonge mit Häuschen
📥 M1.7 Vokale - Lösung Arbeitsblatt Diphthonge mit Häuschen.pdf
M1.8 Wörterliste Trochäen "Gegenüberstellung offene & geschlossene Silbe"
📥 M1.8 Vokale - Wortliste Trochäen - Gegenüberstellung offene und geschlossene Silbe.pdf
Arbeitsblätter Schüler
M1.9 Merkblatt i-Schreibung
M1.10 Arbeitsblatt Diphthonge mit Häuschen
M1.11 Merkblatt h-Schreibung
A1 Arbeitsblatt - Häuschenvorlage
Durchführung
Die offene Silbe des Deutschen ist durch eine besondere Qualität des Vokals gekennzeichnet. Im Süden des Sprachgebietes ist die Vokalqualität das unterscheidende Merkmal, wohingegen in Norddeutschland die Länge des Vokals den Unterschied ausmacht. Als einzige Schriftmarkierung für einen langen/gespannten Vokal steht das lange ie. Die i- Schreibung ist daher auch ein Kapitel der Rechtschreibung, das wir als sehr regelhaft darstellen können.
Die systematische Erarbeitung der Diphthonge und ihrer Eigenart, sich mit dem -e- in der Reduktionssilbe zu verbinden, führt in weiterer Folge dazu, die h-Schreibung am Anfang der Reduktionssilbe zu verstehen.
Auditives Training
Langvokale - Vokale in offener Silbe
Die Vokale /a, e, ie, o, u/ werden übertrieben deutlich und „gespannt“ gesprochen. Die Spannung bezieht sich auf die Muskeln des Mundes und der Lippen, die den Vokalen eine bestimmte Klangfarbe geben. Gespannte Vokale erkennt man daher auch an der Mundstellung. Die Schüler müssen die Mundstellung die Lehrerin beobachten und imitieren. Dabei lernen sie, ihre eigene Artikulation zu spüren und können sie auch im Spiegel kontrollieren.
Die Kinder untersuchen Wörter mit offener Silbe und die Vokalqualitäten in den bekannten und neuen zweisilbigen Wörtern aus der Aufgabe.
Die Lehrkraft gibt verschiedene Beispiele aus der Liste M1.1 Wortliste Trochäen offene und geschlossene Silbe
und fordert die Kinder auf, genau auf den Klang der Vokale zu hören. Die Kinder sollen auch sich selbst, ihre Mitschüler und die Lehrerin beobachten, wie sie die Vokale artikulieren (innere Kamera / Handspiegel). Die Kinder beschreiben ihre Wahrnehmung und vergleichen ihre bisherigen Erfahrungen - die Lehrkraft und hängt Beispielwörter mit offener Silbe M1.2 Wortkarten Trochäen offene und geschlossene Silbe
an die Tafel.
In allen Phasen, in denen die Kinder Muster bewusst wahrnehmen sollen, ist die Beschreibung ihrer Beobachtungen und Erfahrungen ein wichtiger Lernschritt. Um diese auch beschreiben zu können, benötigen die Kinder einen bestimmten Wortschatz. Das Kennen dieser bestimmten Wörter (wie Rachen, Zunge, Gaumen, Zahndamm…, gespannte Lippen usw.) macht aber die Wahrnehmung erst richtig bewusst.
In dieser Phase müssen die Kinder mit der vollen Anerkennung und Akzeptanz ihrer Aussagen rechnen können.
Wie im natürlichen Spracherwerbsprozess sollen sich die Schüler nach der offenen Silbe nun mit den Trochäen mit geschlossener Silbe beschäftigen. Wenn die Schüler diese beiden Formen der betonten Silbe in der Schrift und die Ausspracheregelungen differenzieren können, haben sie schon einen ziemlich viel vom deutschen Schriftsystem verstanden.
Kurzvokale - Vokale in geschlossener Silbe
Die Lehrkraft gibt verschiedene Beispiele aus der Liste M1.1 Wortliste Trochäen offene und geschlossene Silbe
und fordert die Kinder auf, genau auf den Klang der Vokale zu hören. Die Kinder sollen auch sich selbst, ihre Mitschüler und die Lehrerin beobachten, wie sie die Vokale artikulieren (innere Kamera / Handspiegel). Die Kinder beschreiben ihre Wahrnehmung und vergleichen ihre bisherigen Erfahrungen - die Lehrkraft und hängt Beispielwörter mit offener und geschlossener Silbe M1.2 Wortkarten Trochäen offene und geschlossene Silbe
an die Tafel.
Beispiele:
h as ten, W es ten, L is te, r os ten, R un de.
Die Kinder schreiben die Wörter in die restliche Kästchen ihres Arbeitsblattes A1 Häuschenvorlage
.
Vergleiche von langen und kurzen Vokalen
“lang = gespannt → kurz = ungespannt”
Den Unterschied spüren, hören und sehen Um den Unterschied zwischen dem gespannten Vokal in der offenen Silbe und dem ungespannten Vokal in der geschlossenen Silbe besser wahrnehmen, spüren und hören zu können, verwendet man Wortpaare. Damit man die verschiedenen Mundbewegungen besser beobachten kann, nimmt man am besten einen Spiegel zur Hand und spricht folgende Wortpaare in über-deutlicher Artikulation. M1.8 Wörterliste Trochäen "Gegenüberstellung offene & geschlossene Silbe"
Der Vokal und der nachfolgende Konsonant verbinden sich untrennbar miteinander. Die Artikulationsbewegungen und Artikulationsstellen der betroffenen Laute nähern sich an, damit die Lautbildung ökonomisch und rasch erfolgen kann. Dabei verändern die Laute auch jeweils ihren Klang. Dieses Phänomen wird in der Linguistik auch zweite Artikulation oder „Koartikulation“
Das Phänomen der Koartikulation kann man den Kindern mit Beispielen erklären, bei welchen sie die Artikulationsorte gut im Mund spüren können wie in:
Hilde - halten ( Was macht die Zunge?)
Die i-Schreibung
In der betonten Silbe deutscher Wörter wird das lange, gespannt gesprochene i regelmäßig mit ie geschrieben. Das kurze i wird dabei durch ein e gedehnt. Geschichtlich geht das „Dehnungs-e“ auf einen Zwielaut zurück. Viele heutige ie Wörter wurden auch früher schon so geschrieben, aber das i und das e wurden jeweils extra ausgesprochen. Der Zwielaut von früher zeigt sich zuweilen auch heute noch im Dialekt: z.B. liab.
Das Kapitel der Vokale und ihrer Schreibung ist für die Lerner der Sprache und ihrer Schrift deshalb schwierig, weil für die gespannten, langen Vokale in der offenen Silbe und die ungespannten, kurzen Vokale in der geschlossenen Silbe jeweils derselbe Buchstabe verwendet wird. Es gibt aber eine Ausnahme und das ist die i-Schreibung. Hier gibt es eine visuelle Unterscheidung zwischen dem Lang- und dem Kurzvokal. Das lange <ie> ist der regelhafte Laut und der regelhafte Buchstabe für das gespannte i in der offenen Silbe. (Infoblatt für den Lehrer M1.3 Infoblatt i-Schreibung
)
In den meisten Schreiblehrgängen wird paradoxerweise der Kurzvokal mit Hilfe des Wortes Igel eingeführt. Dieses Wort könnte man auch als Super-Ausnahme bezeichnen: Es ist das einzige Wort, das ein kurz-geschriebenes i am Wortanfang hat, welches lang gesprochen wird!
Der Lehrer bringt nun die Wörter mit langem <ie> M1.4 Wortkarten -ie Wörter
an der Tafel an und lädt die Kinder ein, diese Wörter genau zu lesen. Einige Wörter werden in die Häuschenformeln A1 Häuschenvorlage
eingeschrieben.
Lehrer
“Kinder, denkt einmal nach, wie ist da nun mit dem kurzen <i>? Lasst uns Wörter suchen und nachsehen, welcher Unterschied uns zwischen dem langen und kurzen i auffällt.”
Der Lehrer hängt Bildkarten M1.5 Wortkarten i-Wörter Ausnahmen
mit kurzem und langem ie an die Tafel. Die Kinder schreiben die Wörter mit Farben in die Häuschen A1 Häuschenvorlage
.
→ Die Kinder entdecken, dass das lange ie allein im “Wohnzimmer” steht (Kreiswort) und das kurze immer einen Konsonanten als Partner hat (Herzwort).
BEISPIEL: Brie fe - Kin der usw.
Ausnahmen
Lehrer
“Und doch gibt es ein paar Ausnahmen! Ganz wenige Wörter gibt es, die wir mit kurzem i schreiben, das wie ein langes ie gelesen wird. Das bekannteste ist das Wort Igel.”
Der Lehrer gibt den Kindern noch einige Beispiele und hängt die i-Ausnahme-Karten M1.5 Wortkarten i-Wörter Ausnahmen
an die Tafel.
Die Kinder schreiben diese Wörter als AUSNAHMEN in einer Liste in ihr Heft und lernen die Wörter bis zur nächsten Stunde.
Umlaute
Umlaute sind der Versuch in der deutschen Schreibung, mit zu wenig Vokalzeichen sehr viele Vokale darzustellen. Indem man zwei Vokale ae, oe, ue zusammenfügte, entstanden im Laufe der Geschichte neue Laute die mit besonderen Zusatzzeichen geschrieben werden ä,ö,ü.
Es ist übrigens kein Kavaliersdelikt, wenn Kinder diese Markierungen (ä/ö/ü-Sticherl) auslassen!
Lehrer
Das Problem in unserer Alphabetschrift seht ihr also schon: wie haben zu wenig Buchstaben, um alle Laute, die wir sprechen, darstellen zu können. Deshalb haben sich die Menschen verschiedene Möglichkeiten überlegt, wie man trotzdem zurechtkommen kann. Zum Beispiel haben sie zwei Vokalzeichen miteinander verbunden und daraus sind dann im Laufe der Zeit neue Buchstaben entstanden:
ae, oe, ue → ä,ö,ü
Weil das e aus a, o und u andere Laute gemacht hat, nennen wir sie „Umlaute“.
Zwielaute (Diphthonge)
Lehrer
Es gibt aber noch immer Vokale, die paarweise vorkommen. Es sind immer ZWEI. Und ein altes Wort für zwei ist zwie. Deshalb nennen wir sie auch „Zwielaute“. Wer kennt denn solche Paare?
Kindern nennen au, ei, eu
Lehrer
Das Besondere an diesen Zwielauten ist, dass sie noch dazu gar nicht so ausgesprochen werden, wie man sie schreibt:
<au> →/ao/
<ei> →/ae/
<eu> →/oe/ oder /oi/
Ihr sehr also, auch hier müssen die Menschen ganz schön viel wissen und mitdenken, wenn sie richtig schreiben wollen.
Zwielaute und die Besonderheit in der Wortschreibung
Zwielaute (Diphthonge) bestehen aus zwei Vokalen, die nicht von einander getrennt, sondern in einer gleitenden Artikulationsbewegung ausgesprochen werden. Im Grundwortschatz gibt es viele Wörter mit Zwielauten. Bei Diphthongen in der prominenten Silbe kann es sein, dass die Reduktionssilbe keinen Anfangskonsonanten hat. Dadurch ergeben sich drei aufeinanderfolgende Vokale - ein (erlaubtes) Kuriosum des Deutschen.
Lehrer
“Passt auf, Kinder, jetzt habe ich noch eine Forscheraufgabe für euch! Ich bin schon sehr neugierig, ob ihr mir helfen könnt!”
Der Lehrer hängt einige Wörter aus M1.2 Wortkarten Trochäen offene und geschlossene Silbe
an die Tafel und mischt Wörter mit Zwielauten M1.6 Wortkarten - Diphthonge
dazwischen. Die Kinder sollen entdecken, dass bei den Wörtern mit Diphthong etwas anders ist -> der Konsonant in der Reduktionssilbe kann wegbleiben (muss aber nicht!).
Die Kinder sollen das System selber herausfinden: Nach Diphthong darf der Onset-Konsonant der Reduktionssilbe fehlen.
Die Kinder tragen die Beispielwörter mit Zwielaut in die Häuschenvorlagen A1 ein.
Arbeitsauftrag 📝
Festigung
Zur Wiederholung erhalten die Kinder Merkblätter zur i-Schreibung M1.9 Merkblatt i-Schreibung
und zu den Diphthongen M1.10 Merkblatt Diphthonge
in den geübten Wörtern. Sie kleben die Merkblätter in ihr Heft.
Aufgabe
Lernen der i-Ausnahmen als Lernwörter
Arbeitsblatt M1.8: Wie passen die Zwielaut-Wörter in die Häuschen?